Die Treppe im See

Die Treppe im See

Ronald Malfi



Für Darin, Jonathan und Samantha –

das Sch?ne in diesem Mysterium …





Danksagung




Für ihren Beitrag zur Entstehung dieses Romans, bedanke ich mich bei Kerry Estevez, Juris Jurjevics, Dave Thomas, Don D’Auria, meinen wunderbaren Lektoren Lorie Popp und James Tampa, weiters Adrienne Jones, Robert Dunbar, Greg F. Gifune, Susan Scofield, dem Stab von Horror Drive-In und Horrorworld, Diabolical Radio, Pod of Horror, The Funky Werepig, Susan Rosen und Wendi Winters. Natürlich darf ich Freunde und Familie nicht vergessen, ebenso wenig alle Leser, die mich bezüglich dieses Buches mit E-Mails bombardiert haben, weil sie hungrig auf die Geschichte waren. Ihr alle habt diese Erz?hlung in Euer Herz geschlossen, noch ehe sie schwarz auf wei? vorlag.

Wirklich, vielen Dank.

RM





?Er ist mein Bruder, also will ich tausend Tode sterben, um seinen zu vergelten.?

Alexander Sharpe, The Ocean Serene

?Gute Literatur ist wie Tauchen und die Luft anhalten.?

F. Scott Fitzgerald, aus einem undatierten Brief an seine Tochter





Teil eins.

Unberührtes Revier




Kapitel 1




Es hei?t, die Natur kenne kein Aussterben. Im Grunde genommen kennt sie nur die Ver?nderung: Nichts verschwindet jemals vollkommen, es bleibt etwas – ein Teil, einige Partikel, ein eindrucksvoller Schein – über. Man kann Wasser zu Dampf kochen, dennoch verschwindet es nicht. Scheint es sich in Luft aufgel?st zu haben, kehrt es durch Kondensation wieder.

Mit diesem Prinzip im Hinterkopf sollte uns einleuchten, dass Entwicklungen, die sich abzeichnen – ob pl?tzlich oder allm?hlich – stets auf etwas zurückgehen, das schon immer existent war. Formen m?gen sich ?ndern und übergehen, dennoch sind diese Dinge von Dauer. Es existiert keinerlei Sch?pfung und infolgedessen auch keinerlei Zerst?rung – es existiert nur die Transformation. Leben l?sst sich als Aufeinandertreffen von Elektronen und Positronen begreifen, als Wechsel von Materie zu Lichtstrahlen und molekularen Str?men. Wasser zu Dampf zu Wasser.

Mit dreiundzwanzig verfasste ich einen Roman namens The Ocean Serene. Er handelt von einem Jungen, der sich, nachdem er beinahe ertrunken war, lang verdr?ngte Erinnerungen ins Ged?chtnis ruft, aber in Wirklichkeit ging es um meinen toten Bruder, Kyle.

Ich schrieb ihn in den Abendstunden, an einem kleinen Schreibtisch, in meinem engen Einzimmer-Appartement in Georgetown, Washington, D.C. (direkt gegenüber einiger Universit?tsgeb?ude und nur wenige Blocks von der Gegend entfernt, wo anno dazumal Der Exorzist verfilmt wurde.) Eine Tasse Kaffee – schwarz, ohne Zucker – sonderte neben meinem Textcomputer Dampfschwaden ab, w?hrend auf der anderen Seite ein Aschenbecher voller vergilbter Stummel von Zigaretten stand. Da die elektrische Lüftung nicht immer problemlos funktionierte, war ich gezwungen, die Schlafzimmerfenster regelm??ig zu ?ffnen, um frischen Sauerstoff hereinzulassen. Allerdings erinnere ich mich mehr an die zahllosen Zigaretten, und wie ich Tasse um Tasse dickflüssigen Kaffees in mich hineinschüttete, als an den Schreibvorgang.

Ich schrieb wie benebelt, in einem Dunst … als h?tte jemand die Windungen meines Gehirns sorgf?ltig mit Verband eingewickelt. Nach dem ersten Entwurf ben?tigte ich ein paar weitere Jahre und musste vor allem tief in mich hineinhorchen, bevor ich den Text erneut anpacken konnte, um ihn mit der notwendigen Ehrlichkeit zu vollenden. Aus irgendeinem Grund verspürte ich den nagenden Drang, ihn so ehrlich wie m?glich zu verfassen. Als die Rohfassung stand, legte ich sie beiseite und besch?ftigte mich monatelang mit anderen Dingen. Danach merkte ich, dass ich pers?nlich herangewachsen war – sowohl aufgrund meiner Schreiberei als auch wegen der Art, wie ich die Welt sah und interpretierte –, und überarbeitete ihn. Obwohl die Handlung als Stilübung einer spekulativen Fiktion einzuordnen war – mit anderen Worten: ein Horrorroman –, kam sie mir so wirklich wie Kindheitserinnerungen vor. Es war schwer die Vergangenheit neu zu durchleben. Das Alter bringt etwas Kryptonit mit sich, das sich in unseren Glauben frisst, wie bei Vampiren, und das Lesen des Manuskripts zerst?rte mich erneut.

Dennoch überarbeitete ich ihn fieberhaft und fand ein Ende. Als ich fertig war, w?hnte ich mich von einer schweren Last befreit. Das Gefühl kam der geistigen wie emotionalen Ersch?pfung gleich, die ich nach dem Tod meines jüngeren Bruders verspürt hatte. Ich konnte nicht fassen, dass mir dies w?hrend der Niederschrift entgangen war, aber hinterher traf es mich wie der Hammer den Gong. Da stand ich schlie?lich und wusste nicht, was ich von dem halten sollte, was ich vollbracht hatte.

Ohne es auf Tippfehler oder Unstimmigkeiten zu prüfen, schickte ich es dem Akquisiteur-Lektor eines kleinen Spezialverlages, mit dem ich mich schon seit mehreren Monaten f?rmlich, aber stetig ausgetauscht hatte. W?hrend ich darauf wartete, etwas von ihm zu h?ren, begann ich an mir selbst zu zweifeln – nicht wegen des Buches, sondern wegen mir – und fragte mich, ob es ein Fehler gewesen sei, ein Buch zu schreiben. Ich konnte nicht sagen, ob es als Erinnerung an meinen Bruder gedacht war, oder ob ich es billigte, ich ihn zu einer Attraktion eines Zirkus zu machen, bis jemand dafür bereit war, dafür zu zahlen.

Wochen sp?ter, w?hrend einer hartn?ckigen Regenphase, in der das Wetter so herb war, dass man annehmen konnte, die Welt bereite sich auf ihr Ende vor, lie? mich der Lektor wissen, dass das Buch angenommen wurde. Er sah einige ?nderungen vor, betonte aber, es handle sich um einen starken Plot und eine gute, starke Erz?hlstimme. Das Buch war als Hardcoverausgabe für den Herbst geplant.

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