Aschenpummel (German Edition)(63)
»Er braucht Wasser. Wegen der Hitze«, sagte ich mit fester Stimme.
»Er braucht Ruhe. Von nervigen Weibsen«, erwiderte er und spuckte knapp an meinem Ohr vorbei auf den Boden.
Da brach es aus mir raus: »Wieso halten Sie sich überhaupt einen Hund, wenn Sie ihn gar nicht mögen?«
»Mögen! Als ob es darum geht. Geh, schleich dich, Trampel!«
Ich biss die Lippen zusammen und ging. Um es Batman nicht noch schwerer zu machen. Wer wusste denn schon, was Wagenleithner ihm antun würde aus Ärger über mich. Doch während ich die Straße überquerte, fasste ich einen Entschluss. Batman musste gerettet werden. Von mir.
Einigermaßen geladen kam ich im Schuh-Bi an. Be-De war alleine im Geschäft und bombardierte mich sofort: »Es ist noch immer nichts von den Sinatra-Sachen aufgetaucht, dabei hab ich schon fast die Hälfte an Schuhkartons durch. Heute hab ich von der anderen Seite angefangen, weil ich ja nicht wusste, wie weit du gestern gekommen bist. Wie weit bist du gestern eigentlich gekommen? Ich hab nichts gefunden, rein gar nichts. Ein paar Paare, die nicht zusammenpassen, ja, aber ansonsten rein gar nichts. Und du? Gestern?«
Ich seufzte. »Nichts. Nicht mal Paare, die nicht zusammenpassen.«
Ich schlüpfte hinter den Vorhang und zog mir das Shirt über den Kopf.
»Teddy«, kam es anklagend von hinten. »Interessiert dich das gar nicht mehr, oder was? Du wirkst komplett unmotiviert. Und du stinkst! Um Gottes willen, hör endlich mit dem blöden Joggen auf, das ist ja nicht zum Aushalten.«
Schade, dass ich keine Schlägerin war, sonst hätte ich der kleinen Jane Fonda die Fresse polieren können. Doch das wäre ungerecht. Die wahren Schläge gebührten dem Wagenleithner, diesem Tierquäler und Frauenverachter.
»Pfui, du stinkst«, hörte ich noch einmal, dann bimmelte zum Glück die Tür. »Du könntest auch mal wieder einen Kunden bedienen«, nörgelte Be-De und dann verzog sie sich nach vorne.
Ich wusch mich schnell unter den Armen und zog ein neues Shirt an. Ich war immer noch wütend. Dabei hatte ich endlich das, wovon ich jahrelang geträumt hatte. Ein Rendezvous mit meiner großen Liebe, eine neue Freundin, die mich brauchte, einen bildschönen Verehrer, der mich auf beide Wangen küsste, ja, sogar ein neues Auto, das auf mich wartete. Warum ließ ich mir von dem blöden Wagenleithner den Tag vermiesen? Ich musste endlich lernen, die Dinge lockerer zu sehen.
Vielleicht sollte ich einfach viel mehr lachen. Ja, das sollte ganz dick auf meiner To-do-Liste stehen: Punkt 9: VIEL MEHR LACHEN!
Alles von der heiteren Seite nehmen, egal was passiert. Ja, das würde ich ab jetzt machen. Ab jetzt sofort.
»Teddy! Deine Schwester ist da!«
Hihihihihi, nur mehr lachen würde ich.
»Hallo, Tira, schön, dass du vorbeischaust!«
»Hallo, Teddy.« Anstatt sich zu freuen, dass ich es geschafft hatte, sie richtig zu benennen, blickte Tissi mich misstrauisch an.
Ich hielt ihrem Blick stand und grinste wie ein Smiley im Vollrausch.
Tissi stöckelte durchs Geschäft, ließ sich auf der Lederbank nieder und schlug geziert die Beine übereinander. Be-De betrachtete böse die dünnen Waden, die unter dem Kostümrock hervorschauten. Als ob sie neidisch sein müsste, sie ist ja selbst so dünn!
Ich lachte.
Tissi breitete die Arme links und rechts auf der Rückenlehne aus und sprach: »Muss ich denn nicht vorbeischauen, wo meine kleine Schwester drauf und dran ist, einen derart wichtigen Schritt zu wagen? Auch wenn sie es nicht nötig fand, es mir persönlich mitzuteilen und ich davon durch Mama erfahren musste?«
Ich lachte weiter.
»Stimmt es denn? Wirst du wirklich – heiraten?« Das letzte Wort spuckte sie in einer Art und Weise aus, als wäre eine Hochzeit ähnlich erstrebenswert wie Maden essen im Dschungelcamp.
Ich lachte lauter.
»Was gibt’s da so blöd zu gackern, du verliebtes Huhn?«
War das nicht witzig von ihr? Konnten sich Hühner überhaupt verlieben? Hihihi …
Tissi wurde böse. »Was ist?«, kreischte sie mich an. »Hat er dir das Hirn rausgevögelt?«
Diesmal blieb das Lachen stecken. Ich hustete.
Tissi hingegen lachte.
Anders als ich zuvor. Ich hatte krampfhaft versucht, fröhlich zu sein, aber sie lachte mich aus. Das hatte sie schon oft getan, ich sollte es gewohnt sein, aber in dem Moment war etwas anders. Als würde ein Schalter in mir umgelegt. Ohne darüber nachzudenken, was ich tat, packte ich sie am Arm und zog sie vom Sofa hoch. »Geh. Geh auf der Stelle. Wenn du mir nichts Nettes zu sagen hast, dann brauchst du nicht mehr zu kommen.«