Aschenpummel (German Edition)(60)



Ich setzte mich auf den Boden. »Ich hatte nur gerade einen Zusammenstoß mit meiner Mutter. Und dann gibt es da einen Mann, einen anderen als Sigi, er gibt mir Fahrstunden –«

»Okay, Teddy, schön der Reihe nach. Ich hab Zeit. Erzähl’s mir.«

»Dieser Mann sieht viel zu gut aus. Er sieht aus wie Mr. Universum, ist aber Zahnarzt. Und ich verstehe nicht, was er an mir findet.«

»Aber Teddy, das ist doch großartig. Wenn er so phantastisch aussieht, dann kann sein Ego sicher einen kleinen Dämpfer vertragen. Flirte ein bisschen mit ihm, hol dir Selbstvertrauen, das ist vollkommen in Ordnung. Mach ihm halt keine falschen Hoffnungen. Und falls du ihn nicht gut kennst, geh nicht gleich zu ihm in die Wohnung, gell. Den Fehler hab ich kürzlich gemacht. Dachte, die Frau wäre ein scheues Reh.« Sie lachte. »Teufel, das war sie nicht, aber ich weiß mich zu wehren.«

»Und wie würdest du dich gegen eine dominante, klammernde, besserwisserische Mutter wehren, die deinen Alltag kontrolliert und dir vorschreibt, wie du zu leben hast?«

Gisela brauchte nicht lange zu überlegen. »Ich würde ihr klarmachen, dass die Beziehung zwischen euch nur funktionieren kann, wenn der nötige Respekt vorhanden ist. Und natürlich so Dinge wie Wärme, Mitgefühl und Aufmerksamkeit.«

»Respekt«, flüsterte ich in den Hörer. »Du hast recht, Gisela, meine Mutter hat null Respekt vor mir.«

»Und den kannst nur du dir verschaffen. Deine Mutter wird so lange auf ihre Tour weitermachen, wie du sie lässt.«

Ich nickte.

»Teddy? Bist du da?«

»Ach so, ja. Ich bin nur so verblüfft, weil es aus deinem Mund so einfach klingt.«

»Das ist es.«

»Ja, das glaube ich jetzt auch. Verdammt, ja!«

Nach dem Gespräch mit Gisela ging es mir wesentlich besser.

Trotzdem verzichtete ich ausnahmsweise auf die Turnübungen, die mein Intensivprogramm an dieser Stelle vorgeschrieben hätte. Ich begnügte mich damit, vom Sofa aus Desperate Housewifes anzuschauen und ab und zu die Pobacken zusammenzukneifen. Dabei schaufelte ich Mozzarella und Tomaten in mich hinein und sehnte mich nach einem Steak mit Kräuterbutter.

Gott, waren die alle dünn bei Desperate Housewifes, das war doch krank, oder? Was war das überhaupt für ein Leben, so ohne richtiges Essen? Und wer, verdammt noch mal, bestimmt eigentlich, wie eine Frau auszuschauen hat? Wenn eine Frau keine Orangenhaut haben durfte, warum gab es die Scheiß-Orangenhaut dann überhaupt? Und warum lästerten die Weibermagazine über Stars mit Dellen und Löchern in den Oberschenkeln? Weil sie sich insgeheim freuten, dass die eben auch nicht perfekt waren. Niemand war perfekt! Warum wurde uns dann überall eingeredet, wir müssten perfekt sein?

Ich setzte meine Salatschüssel an die Lippen und trank das ganze Essig-und-Öl-Gemisch aus. Meine Kehle brannte, missmutig starrte ich auf Teri Hatchers Zahnstocherbeine. Bis Samstag noch, bis zum Bikinitag, danach würde ich wieder vernünftig essen, das schwor ich mir.





17



Der Donnerstag war der erste kühlere Tag seit langem, und ich begann ihn in hellster Aufregung. Was, wenn jetzt der Herbst kam? Was war dann mit dem Freibad am Samstag? Was war mit meinem Date? Mit dem wichtigsten Tag meines Lebens! Mein erster Anruf galt also der Wetterwarte.

»Grüß Gott, ich hätte da eine Frage: Wie wird denn das Wetter am Samstag?«

»Wo?«

»In Wien.«

»Planen Sie ein Freiluftevent?«

»Ähm, ja?«

»Ja? Oder doch nein?«

»Ähm, ja …«

»Sehr sicher klingen Sie aber nicht.«

»Sind Sie die Wetterwarte oder ein Psychologe?«

»Ich bin nicht die Wetterwarte. Ich bevorzuge die Bezeichnung Mensch.«

»Arschloch!«, rief ich und knallte mein Handy zu. Danach fürchtete ich mich eine Viertelstunde lang vor der Polizei. Was, wenn die Wetterwarte meine Nummer weiterleitete und ich eine Anzeige wegen Belästigung bekam? Verdammt, ich musste ja auch noch zum Verkehrsmittelbüro und meinen nicht existenten Fahrausweis herzeigen. Aus der Episode mit dem Piraten am Samstagabend. Irgendwie bestand mein Leben derzeit aus lauter nicht existenten Ausweisen. Beim Führerschein konnte ich immerhin noch hoffen, dass man mich auch diesen Sonntag nicht erwischte, aber einen Fahrausweis würde ich nicht herbeizaubern können, da musste ich wohl oder übel die Strafe zahlen. Aber das konnte warten, jetzt gab es Wichtigeres! Denn ich hatte nur mehr zwei Tage Zeit für die Bikinifigur und drei Tage Zeit für Schalten und Kuppeln.

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