Aschenpummel (German Edition)(44)



»Prima?« Ich starrte erst das Handy an, dann das Bild, das mir der Vorzimmerspiegel entgegenwarf. Titel: Dicke Trulla in Snoopyunterhose. Vielleicht war es nicht die beste Idee gewesen, mir hektisch die Klamotten vom Leib zu reißen und mich hysterisch vor den Spiegel zu werfen, nachdem mir klargeworden war, dass der Pirat mich in fünf Tagen in Badesachen sehen würde. Ich war vollkommen aufgelöst.

»Ist doch prima«, tönte es erneut aus meinem Handy.

»Gisela, gibt es Badeanzüge mit eingebautem Miederhöschen?«

»Teddy –«

»Oder eingebauten Miederhöschen. Eines wird nicht reichen.«

»- das –«

»Welche Diät hilft am schnellsten?«

»- wirst –«

»Ich brauch eine Schönheits-OP!«

»- du –«

»Es gibt so Bademiederhöschen, ich hab das mal im Fernsehen gesehen.«

»- gefälligst –«

»Oder diese Baderöcke. Gibt’s da auch welche bis zu den Knöcheln?«

»- bleiben –«

»Ich werde nichts mehr essen. Nichts mehr essen.«

»- lassen.«

»Was hast du gesagt?«

Gisela schnaufte. »Teufel, Teufel. Wenn du dir einen Mann angeln willst, für immer angeln willst, dann vergiss Diäten und Miederhöschen. Es sei denn, du hast vor, dich dein Leben lang zu kasteien. Was doch relativ schade wäre, oder? Also, wenn du es mit Sigi ernst meinst, dann bring ihn dazu, dich so zu mögen, wie du jetzt bist.«

Ich drehte den Rücken zum Spiegel und versuchte, einen Blick auf meinen Hintern zu erhaschen. Das ging leichter, als mir lieb war, da ich momentan ausschließlich aus Hintern zu bestehen schien. »Gisela«, fiepste ich, »niemand kann mich so mögen, wie ich bin. Ich mag mich ja nicht mal selbst.«

»Ha, siehst du«, kam es triumphierend aus dem Handy. »Und genau da müssen wir ansetzen.«





13



Was folgte, waren die vier härtesten Tage meines Lebens. Bis zehn Uhr vormittags im Bett liegen und vom Piraten träumen war gestrichen. Abends auf dem Sofa lümmeln war gestrichen. Futtern, was und so viel ich wollte, war gestrichen.

Ich stellte mir einen Stundenplan zusammen. Ausgehend von meiner eigenen Vorstellung einer Schnellverschönerung – die Tipps hierfür holte ich mir aus bunten, dünnblättrigen Magazinen – und Giselas Anregungen zur Festigung meiner Persönlichkeit.


6:30: Aufstehen, duschen. Und zwar diese schmerzhaften Wechselduschen, mal kalt, mal heiß.

Zum Frühstück eine Tasse schwarzer Kaffee, wobei der Sud auf die Oberschenkel kommt, als preisgünstiges Mittel gegen Cellulite. Dazu eine Scheibe Vollkornbrot belegt mit sogenanntem Putenschinken (Eine Pute verdient niemals den Beinamen »Schinken«!). Dazu zwei große Gläser Wasser.

7:15: Rein in die Laufklamotten und mit vollgepacktem Rucksack Richtung Schwimmbad joggen.

8:00: Als wahnsinniger allererster Badegast ins Becken hüpfen und zwanzig Längen schwimmen, bis es

8:30: ist. Dann Pause mit einem Viertelliter Multivitaminsaft oder kaltem Tee. (Der Tipp stammte von Gisela, damit ich vor Anstrengung nicht austrocknete.)

8:50: Noch mal ins Becken und wassertreten, wassertreten, wassertreten.

9:15: Sauna. Ohne Handtuch, um dieses gesunde und positive Gefühl für meinen Körper zu entwickeln. (Gisela)

9:35: Duschen, Haare föhnen, umziehen.

Wasser und Obst konsumieren. (Gisela: Flüssigkeit und Nahrungsaufnahme sind auch bei einer Diät wichtig, meinte sie.)

10:15: Flotter Spaziergang Richtung Schuh-Bi und dann endlich um

11:00: Arbeit!

19:00: Fahrstunde mit dem Zahnarzt. Kein Abstecher davor zum Piraten, er sollte sich bis Samstag verzehren (Gisela) – ich zumindest verzehrte mich.

20:30: Abendessen zu Hause – ungesund spät zwar, aber durch die Fahrstunden nicht anders machbar. Gedünstetes Gemüse (Fenchel und solche Leckereien).

Danach: Fernsehen. Wenigstens diese Sache musste mir bleiben, aber vom Boden aus, mit angespanntem Po und den Beinen in der Luft. Rauf, runter … rauf, runter …


Am ersten Tag war ich noch recht motiviert. Das Schwimmprogramm zog ich knallhart durch, was wohl auch daran lag, dass ich es über Wasser kaum im Badeanzug aushielt. Ich musste mir vor Samstag unbedingt noch einen neuen zulegen, irgendein Wunderteil, das mich in Richtung 90–60–90 quetschte, ich war bereit, all mein Geld dafür auszugeben.

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