Save You (Maxton Hall, #2)(88)



?Lydia braucht ein Kleid für den Frühjahrsball. Am liebsten h?tte sie eins von Elie Saab, aber das wird dieses Mal leider nichts. Hast du noch eine Idee, wo man was finden k?nnte, was zum Motto passt? Die Internetshops, die du mir gezeigt hast, haben wir schon durch.?

?Elie Saab w?re echt perfekt. Die Kleider sind so sch?n.? Ember seufzt. ?Ich habe unz?hlige davon auf meiner Kleider-Pinnwand auf Pinterest.?

?Oder??, frage ich und trete n?her an die Schneiderpuppe. über die Schulter werfe ich Ember einen fragenden Blick zu. ?Darf ich??

Sie nickt. ?Klar.?

Ich betrachte das Kleid eingehend. Es ist sanft roséfarben, hat einen Tüllrock und ein mit Blumen besticktes Oberteil. Beim n?heren Hinsehen f?llt mir auf, dass es zwei Teile sind, die Ember wohl mit einem breiten Seidenband aneinandern?hen m?chte und die jetzt noch durch kleine Stecknadeln zusammengehalten werden.

?Hast du das selbst gen?ht??

Ember nickt.

?Es ist wundersch?n?, sage ich aufrichtig.

Embers Wangen bekommen ein bisschen Farbe. ?Wir hatten echt Glück, den Tüll habe ich eigentlich nur zum Spa? bestellt. Die Qualit?t ist nicht besonders gut, aber das sieht ein Laie bestimmt nicht, wenn erst mal alles fertig ist.?

Pl?tzlich h?re ich Mums Stimme im Ohr.

Talent. Pures Talent.

In letzter Zeit passiert es mir st?ndig, dass ich an sie denken muss. In den seltsamsten Situationen und an den merkwürdigsten Orten sehe ich ihr Gesicht oder h?re ihre Stimme, und obwohl es nach wie vor unfassbar wehtut, an sie zu denken, empfinde ich diese Momente gleichzeitig als sch?n und beruhigend. Als ob ein Teil von Mum noch immer bei mir w?re.

?Du bist wirklich talentiert, Ember. Ich wünschte, ich k?nnte so gut n?hen.?

?Lernt man das nicht, wenn man in einer Familie wie deiner gro? wird??, fragt sie vorsichtig.

Ich zucke mit den Schultern.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich meine Eltern mit dreizehn angebettelt habe, eine Schneiderin zu engagieren, um mich zu unterrichten. Ich wollte die Entwürfe, die ich gezeichnet hatte, umsetzen, hatte aber keine Ahnung von den Grundlagen. Dad wollte meine Skizzen und Designs erst sehen, um zu wissen, ob es sich lohnt, mir den Unterricht zu finanzieren. Doch als er festgestellt hat, dass ich Kleidung für junge Frauen entworfen hatte, hat er mich sofort mit einem abf?lligen Schnauben abgewiesen.

Danach habe ich mir das N?hen mehr oder weniger selbst beigebracht. Aber auch die fertigen R?cke und Blusen haben meine Eltern nicht davon überzeugen k?nnen, dass eine Frauenkollektion bei Beaufort ein guter und wichtiger Schritt w?re. Und irgendwann war es zu deprimierend für mich, stundenlang an der N?hmaschine zu sitzen und Schwei? und Herzblut in ein Kleidungsstück zu stecken, das niemals jemand tragen würde.

?Ich konnte mal n?hen. Jetzt … nicht mehr?, antworte ich nach einer Weile.

?Wie kommt’s??

Dass Ember einfach so nachfragt, fühlt sich irgendwie sch?n an. Die meisten Menschen sind in Gespr?chen mit mir eher befangen, als wüssten sie nicht, was sie mich fragen k?nnten und was nicht. Das führt dazu, dass sie sich mit mir nur über belanglose Dinge unterhalten. Ember ist eine der wenigen Ausnahmen: Sie gibt mir das Gefühl, dass sie sich wirklich für das interessiert, was ich zu sagen habe.

?Ich wollte immer meine eigene Kollektion unter Beaufort rausbringen, aber meine Eltern haben kategorisch ausgeschlossen, Damenmode ins Sortiment zu nehmen. Also habe ich das mit dem N?hen irgendwann aufgegeben.?

Nachdenklich sieht Ember mich an. ?Also entwirfst du gar nichts mehr??

?Doch, aber …? Ich zucke mit den Schultern. ?Nur noch für mich, nicht für Beaufort.?

?Da tut mir leid?, sagt Ruby leise neben mir, und Ember nickt zustimmend. ?Ich k?nnte jetzt einen Spruch wie ?Gib niemals auf!? raushauen, aber ich kann mir vorstellen, wie deprimierend das sein muss, immer wieder abgewiesen zu werden. Da h?tte ich irgendwann auch keine Lust mehr.?

?Ja.? Ich spüre, wie sich in meinem Inneren diese dunklen Wolken zusammenziehen, die mich jedes Mal in einen Strudel aus finsteren Gedanken rei?en, aus dem ich erst nach Stunden herausfinde. So schnell ich kann, versuche ich mich abzulenken und auf etwas anderes zu konzentrieren. ?Egal, Themawechsel! Wo, meinst du, k?nnte man ein sch?nes Kleid herbekommen für den Frühjahrsball? Ruby meinte, du als Bloggerin kennst alle Geheimtipps?, zwitschere ich munter. Ich kann selbst h?ren, wie gekünstelt es klingt.

Ember betrachtet die Puppe, bevor sie sich an mich wendet. ?Ich habe noch reichlich Stoff. Wenn du m?chtest, kann ich dir auch ein Kleid n?hen.?

Einen Moment lang verschl?gt es mir die Sprache.

Dann realisiere ich, dass ich sie unm?glich um diesen Gefallen bitten kann. Ich schüttle langsam den Kopf. ?Das ist zu viel Arbeit. Au?erdem ist die Party schon Samstag in einer Woche.?

Ember macht eine wegwerfende Handbewegung. ?Quatsch. Ich h?tte das Angebot nicht gemacht, wenn ich nicht ausreichend Zeit h?tte. Du kannst mir bestimmt einen Unterrock geben von einem deiner alten Kleider, oder??, fragt Ember. ?Wir basteln dir was Hübsches, das wird super.?

?Nimm das Angebot an, Lydia?, fordert Ruby mich auf und legt mir einen Arm um die Schulter.

Ich bin ich so überw?ltigt von der Offenheit der beiden, von ihrer Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft, dass sich meine Kehle zusammenzieht und meine Augen zu brennen beginnen. Ich blinzle hektisch und atme tief ein und wieder aus. Vielleicht liegt es auch an den Hormonen, aber in diesem Moment f?llt es mir unglaublich schwer, die Fassung zu bewahren.

?Danke?, schaffe ich schlie?lich zu sagen.

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