Save You (Maxton Hall, #2)(29)



?Welcher George??, frage ich.

?Evans?, antworten Wren und Alistair gleichzeitig. ?Du wei?t schon: der Captain des Fu?ballteams??

?Ah. Ist ihm was passiert??

?Er hatte nur einen Kratzer an der Stirn. Dieser verdammte Idiot hat mehr Glück als Verstand.?

?Oh, und Jessalyn hatte auf Cyrils Party etwas mit Henry. Er ist anscheinend mittendrin eingeschlafen?, f?hrt Wren fort mit der Berichterstattung.

?Dann war der Sex wohl nicht besonders überw?ltigend?, meint James trocken.

Alle sehen ihn überrascht an. Er klang gerade so wie sonst auch – gelangweilt, mit einer Spur von überheblichkeit in der Stimme. Beinahe wie der alte James.

?Also, um ehrlich zu sein?, unterbricht Cyril unser Schweigen. ?Ich w?re auch schon mal fast eingeschlafen.?

?Cyril.? Ich verziehe leicht angewidert das Gesicht. Auch wenn ich in der Vergangenheit mehr als einmal mit ihm im Bett gelandet bin, m?chte ich darüber wirklich nicht nachdenken. ?Zu viele Infos.?

?Ich hoffe für dich, dass du betrunken warst?, sagt James.

Cyril grinst. ?Nicht nur das.?

?Leute, wir sind in der Schule. K?nnten wir die Gespr?che vielleicht ein bisschen jugendfreier halten??, schlage ich vor.

Alistair dreht sich mit hochgezogener Braue zu mir um. Er schüttelt sich die goldenen Locken aus der Stirn und geht die n?chsten paar Schritte rückw?rts. ?Lydia Beaufort und jugendfrei? Du bist doch schlimmer als wir alle zusammen.?

?Na ja. Schlimmer als James würde ich nicht sagen?, überlegt Kesh laut.

?Oder als ich.? Wren wackelt mit den Brauen.

?Ihr teilt euch den zweiten Platz auf der Liste.? Alistair st??t ihm einen Ellenbogen in die Seite, und Wren lacht los.

Grinsend schüttle ich den Kopf. Ich liebe die Jungs dafür, dass sie sich vollkommen normal verhalten. Das gibt mir beinahe das Gefühl, als h?tte sich nichts ver?ndert. Au?erdem lenkt es mich ab, und genau das brauche ich jetzt. Meine erste Stunde montags findet in diesem Term n?mlich bei Graham statt, und die Vorstellung, wie es zwischen uns sein wird, macht mich nerv?s. Seit dem schrecklichen Telefonat, das wir kurz nach Mums Tod geführt haben, habe ich ihn nicht mehr gesprochen.

Ich habe gehofft, dass meine Sehnsucht nach ihm im Laufe der Zeit weniger wird, aber das Gegenteil ist der Fall. Es tut mit jedem Tag mehr weh, und der einzige Trost in den letzten Wochen war, dass ich Graham nicht auch noch sehen musste. Diese Schonfrist ist jetzt vorbei.

Bevor wir uns vor dem Klassenzimmer verabschieden, sieht mich James eingehend an. Nach wie vor f?llt es mir schwer, einzusch?tzen, was er denkt, aber der Funke Besorgnis in seinen Augen entgeht mir nicht. Obwohl wir seit Tagen nicht miteinander gesprochen haben, wei? er, wie sehr ich mich vor dem Moment fürchte, Graham wieder gegenüberzustehen.

?Jetzt geht schon?, kr?chze ich.

James mustert mich noch einen Moment lang, dann nickt er. ?Melde dich, wenn du was brauchst?, murmelt Cyril und umarmt mich erneut. ?Wir sehen uns in der Mittagspause.? Ich schlie?e die Augen und erlaube es mir ein paar Sekunden, das Gefühl zu genie?en, gehalten zu werden und nicht allein zu sein. Er l?st sich von mir und macht einen Schritt zur Seite.

Und dann sehe ich Graham.

Er steht direkt hinter den Jungs, die den Weg zum Klassenraum versperren. Sein Haar ist leicht gewellt und ein bisschen l?nger, als ich es in Erinnerung habe. Er tr?gt ein kariertes Hemd unter einem Cardigan und hat einen riesigen Stapel Bl?tter in den H?nden. Er sieht durch die Lücke zwischen Cyrils und James’ Kopf, und sein goldbrauner Blick, der mich schon immer fasziniert hat, liegt direkt auf mir.

Ein Schauer geht über meinen K?rper. Der Moment scheint wie eingefroren, und ich wage es nicht, mich zu bewegen, aus Angst, die Fassung zu verlieren. Doch pl?tzlich rei?t Graham den Blick von mir und sieht stattdessen Cyril an. Den Ausdruck, der dann auf sein Gesicht tritt, habe ich noch nie zuvor an ihm gesehen. Es ist eine Mischung aus Erleichterung und K?lte, die ich nicht verstehe und nicht einordnen kann.

?Kommt jetzt?, sagt James, der zwischen mir und Graham hin-und hergeschaut hat. Er nickt in Richtung des Flurs, in dem er und die anderen gleich Unterricht haben. Die Jungs heben die Hand zum Abschied, dann gehen sie.

Jetzt stehe ich allein mit Graham im Flur. Er bewegt die Bl?tter auf seinem Arm hin und her, als würde er sie ordnen wollen, dabei k?nnte der Stapel nicht akkurater sein. Unsere Blicke treffen sich erneut.

?Lydia …?, sagt er heiser und klingt dabei so traurig, dass es mir die Kehle zuschnürt.

Ich schüttle den Kopf. ?Nicht.?

Dann drehe ich mich um, gehe ins Klassenzimmer und setze mich auf meinen Platz. Ich starre die gesamten neunzig Minuten auf den gemaserten Holztisch vor mir, um blo? nicht nach vorn sehen zu müssen.

James

Der Schultag will und will nicht enden. Würde ich mir nicht Sorgen um Lydia machen, w?re ich l?ngst verschwunden. Der Unterricht vergeht im Schneckentempo, und das, was die Lehrer vorn erz?hlen, k?nnte mir nicht gleichgültiger sein. In den Pausen bekundet mir ein Mitschüler nach dem anderen sein Mitleid, was sicherlich nett gemeint ist, mir aber irgendwann so auf den Sack geht, dass ich dem armen Roger Cree sage, er soll seine Fresse halten und mich in Ruhe lassen. Danach spricht sich rum, dass man mir erst mal besser nicht zu nahe kommt.

Der Tag erreicht seinen Tiefpunkt allerdings zu Beginn des ersten Blocks, als ich Ruby auf dem Flur begegne. Wir erstarren beide – sie auf der einen, ich auf der anderen Seite – und sehen uns an.

Ich hasse dich dafür. Aber ich liebe dich auch, und das macht das Ganze so viel schwerer, erinnere ich mich an ihre Worte.

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