Save You (Maxton Hall, #2)(76)
?Was hast du denn schon erreicht??, fragt Kesh, und seine Stimme ist so tief und so ruhig, dass mir ein eiskalter Schauer über den Rücken l?uft. ?Du wurdest in Oxford genommen – herzlichen Glückwunsch. Und du bist verlobt – doppelten Glückwunsch. Das macht dich aber noch lange nicht zu einem überflieger, sondern zu einer nutzlosen Puppe, die kein Rückgrat besitzt.? Langsam nimmt Keshav einen Schluck aus dem Longdrinkglas, ohne seine dunkelbraunen Augen auch nur einen Moment von Frederick zu nehmen.
?Wenn du auch nur einen Funken Anstand besitzen würdest, würdest du so etwas nicht von dir geben?, widerspricht Frederick mit schneidender Stimme. Er versucht, gelangweilt zu gucken, aber ich kann sein eines Augenlid nerv?s zucken sehen.
?Du brauchst mir nichts von Anstand erz?hlen. Im Gegensatz zu dir wei? ich, dass man seine Familie nicht wie Abschaum behandelt. Dass du dich nicht an die Seite deines Bruders stellst, sagt mir alles, was ich über dich wissen muss, du mieses …?
?Keshav, verdammt, halt deine Klappe!? Alistair springt mit geballten F?usten auf. Er ist hochrot im Gesicht.
?Tolle Freunde hast du da, Alistair. Mum und Dad haben jeden Grund, stolz auf dich zu sein?, sagt Frederick und zieht sein Handy aus der Hosentasche. Er erhebt sich. ?Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet. Meine Verlobte.?
Wir h?ren noch, wie er rangeht und seine Freundin mit einem schmalzigen Kosenamen begrü?t, bevor er aus dem Salon rauscht und uns zurückl?sst.
?Was zum Teufel sollte das, Mann??, zischt Alistair, noch immer stocksteif und mit geballten F?usten.
?Er hat sich wie ein Arschloch benommen?, gibt Kesh zurück.
?Und? Wenn deine Familie was Dummes zu dir sagt – mische ich mich ein? Nein!?
?Das liegt daran, dass meine Familie mich niemals so behandeln würde, wie deine es tut. Sei doch einfach froh, dass ich hinter dir stehe.?
Alistair schnaubt ver?chtlich. ?Du stehst nur dann hinter mir, wenn es dir in den Kram passt. Darauf kann ich verzichten, du verdammter Heuchler.?
Kesh zuckt zusammen, als h?tte Alistair ihn geschlagen. Sein Blick zuckt kurz zu Wren, Cyril und mir, dann wieder zu Alistair. Stirnrunzelnd sehe ich zwischen den beiden hin und her, doch bevor ich die Situation deuten kann oder auch nur die Gelegenheit dazu bekomme, macht Alistair kehrt und verschwindet durch dieselbe Tür, durch die auch Frederick gerauscht ist.
?Was zum …?, f?ngt Wren an, doch in diesem Moment setzt sich auch Keshav in Bewegung und l?uft Alistair nach. Die Tür knallt laut hinter ihm ins Schloss.
?… Henker war das denn??
Wren, Cyril und ich tauschen einen perplexen Blick.
Dann st?hnt Cyril und l?sst seinen Kopf gegen die Lehne des Sessels sinken. ?So habe ich mir den Abend nicht vorgestellt.? Er tippt auf seinem Handy herum und stellt die Musik im Salon lauter.
?Hoffentlich bringen sie sich nicht um?, sage ich nach einer Weile.
Cyril schüttelt grinsend den Kopf. ?Glaube ich nicht. Und wenn, dann würde ich auf Alistair wetten.?
Ich h?re kaum hin und blicke immer noch zur Tür, durch die die beiden eben verschwunden sind. So intensiv wie gerade eben habe ich Alistair und Kesh noch nie miteinander streiten sehen.
Als Alistair sich damals zu seiner Homosexualit?t bekannt hat und seine Eltern ihn daraufhin wie einen Auss?tzigen behandelt haben, hat er bei jedem von uns viel Zeit verbracht, weil er es zu Hause nicht mehr ausgehalten hat. Das hat uns alle enger zusammengeschwei?t, Alistair und Kesh aber ganz besonders. Keshs Eltern sind offen und warmherzig, und sie haben Alistair aufgenommen wie einen weiteren Sohn.
?Irgendwas stimmt mit den beiden nicht?, merkt Wren an.
?Das ist mir auch schon aufgefallen.?
Wren hebt eine Augenbraue, und für einen kurzen Moment sieht es so aus, als würde er etwas sagen wollen, doch dann h?lt er sich zurück und nimmt stattdessen einen gro?en Schluck von seiner Whiskey-Cola.
Ich seufze. ?Wren?, fange ich an.
Er erwidert meinen Blick vorsichtig.
?Ich war echt kein guter Freund in den letzten Wochen?, sage ich. ?Es tut mir wirklich leid, dass ich mich nur um meinen eigenen Schei? gekümmert habe und nicht für dich da gewesen bin.?
?Du hattest Grund, dich mit dir selbst zu besch?ftigen?, erwidert Wren leise. Er atmet h?rbar aus. ?Deine Mum ist gestorben. Ich habe mich danebenbenommen. Tut mir leid.?
?Ich h?tte mitbekommen müssen, dass bei dir irgendwas los ist.?
Wren zuckt mit den Schultern.
?Jetzt w?re zum Beispiel ein guter Moment, es mir zu erz?hlen?, sage ich. ?Deswegen bin ich eigentlich heute Abend hierhergekommen.?
Wren wirkt unentschlossen. Er sieht mich über den Rand seines Glases hinweg an. Dann schlie?t er kurz die Augen, als müsste er seinen Mut erst heraufbeschw?ren.
?Wir … wir ziehen um.?
Ich beuge mich ein Stück zu ihm. Habe ich ihn gerade falsch verstanden? ?Was??
?Meine Eltern haben ihr Verm?gen verloren. Letzte Woche haben wir einen K?ufer für das Haus gefunden. Im M?rz ziehen wir in ein Doppelhaus.?
Ich starre Wren an. Die Worte wiederholen sich in meinem Kopf, aber sie wollen keinen Sinn ergeben.
?Wieso zum Teufel hast du uns davon nichts erz?hlt??, fragt Cyril. Er steht von seinem Sessel auf, kommt zu uns rüber und l?sst sich neben Wren auf das Sofa fallen. ?Wir h?tten helfen k?nnen.?
Das rei?t mich aus meinem Schockzustand. ?Cy hat recht?, sage ich. ?Es h?tte bestimmt eine M?glichkeit gegeben, das Haus zu behalten.?
Cyril nickt. ?Meine Eltern h?tten es sofort gekauft und euch weiter dort wohnen lassen.?