Save You (Maxton Hall, #2)(46)
?Meine Mum mochte blumige Gerüche auch immer.?
Es kostet mich gro?e Mühe, den Blick weiter auf der Fahrbahn zu halten, statt den Kopf abrupt zu ihm zu drehen. Offensichtlich hat James keine Probleme damit, den Small Talk zu überspringen.
?Fehlt sie dir??, frage ich leise.
Er braucht einen Moment, bis er zustimmend brummt. ?Irgendwie schon. Es ist anders ohne sie.?
?Inwiefern??
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er mit der Schulter zuckt. ?Es gibt keinen Puffer mehr zwischen meinem Vater und mir. Die Position will Lydia jetzt einnehmen, aber ich versuche alles, damit es nicht dazu kommt. Sie soll nicht zwischen den Stühlen stehen – schon gar nicht jetzt.?
?Wie geht es ihr? Ich habe sie diese Woche kaum gesehen.?
?Ganz gut. Glaube ich.? Er z?gert kurz. ?Ich würde mir wünschen, dass sie es Sutton endlich sagt. Gleichzeitig verstehe ich, warum sie es nicht tut.?
?Die ganze Situation ist einfach total beschissen.?
?Ja.? Einen Moment lang schweigt er, dann r?uspert er sich. ?Und, wie geht es dir??
Keine Ahnung, wie es sein kann, dass sich ein Gespr?ch so normal und merkwürdig zugleich anfühlt.
?Gut. Ich … ?hm. Ich wurde auch in Oxford genommen.?
?Ich wusste es. Sie w?ren auch ganz sch?n bl?d gewesen, dich abzulehnen?, gibt er zurück. ?Herzlichen Glückwunsch, Ruby.?
überrascht werfe ich ihm einen Blick zu. Er erwidert ihn ernst.
Ich verstehe nicht, wie er das immer macht. An einem Tag ist er am Boden zerst?rt und steht zitternd vor meiner Haustür, am n?chsten bringt er in Maxton Hall die Kraft auf, so zu tun, als w?re nichts gewesen. Und auch jetzt wirkt er v?llig gefasst, obwohl ich wei?, dass der letzte Samstag nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist.
?Danke?, murmle ich. Einen Moment lang suche ich nach den richtigen Worten für das, was ich ihm als N?chstes sagen m?chte. Obwohl ich seit Montag Zeit hatte, mir darüber Gedanken zu machen, ist mein Kopf jetzt wie leer gefegt. ?Was ich letztes Wochenende zu dir gesagt habe, tut mir leid?, fange ich schlie?lich an. ?Das war –?
?Ruby?, will James mich unterbrechen, aber ich schüttle den Kopf.
?Ich m?chte über dich hinwegkommen?, sage ich leise. ?Aber das wird auch nicht leichter, wenn ich gemein zu dir bin. Es tut mir wirklich leid. Und es war mir wichtig, dass du das wei?t.?
Ich spüre seinen Blick auf mir. ?Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest?, sagt er leise.
Ich wei? nicht, was ich darauf antworten soll. Die Worte klingen bitter, als er sie ausspricht, und ich würde ihm gern widersprechen, andererseits habe ich auch Angst, dass das Gespr?ch dann in eine Richtung geht, für die ich jetzt noch nicht bereit bin. Ich wollte mich entschuldigen, und das habe ich getan. Für mehr habe ich im Moment, glaube ich, nicht die Kraft.
Also schweige ich und trete auf das Gaspedal. Die Stille zwischen uns wird erdrückender, je l?nger sie anh?lt, und irgendwann halte ich es nicht mehr aus und drehe das Radio auf. Die fr?hliche Popmusik, die auf dem Sender l?uft, den Mum immer h?rt, ist ein krasser Gegensatz zu der aufgeladenen Stimmung, die zwischen James und mir herrscht. Zwar verbringen wir den Rest der fünfzehnminütigen Fahrt schweigend, aber ich bin mir James’ Anwesenheit in jeder Sekunde bewusst. Ich h?re sein leises Atmen und spüre, wenn er sich neben mir bewegt. Und obwohl die Heizung nicht hoch eingestellt ist, wird mir warm, wenn ich daran denke, dass ich nur die Hand ausstrecken müsste, um ihn zu berühren.
Ich bin unendlich froh, als wir auf dem alten Industriegel?nde ankommen und ich endlich aus dem Wagen steigen kann. Die kalte Luft fühlt sich wie eine Wohltat an meinen hei?en Wangen an.
?Dort drüben müssen wir rein?, sage ich und deute auf eine Garage, über der ein buntes Schild mit dem Namen des Verleihs angebracht ist. James tritt neben mich, und als wir zusammen losgehen, streife ich mit dem Arm einmal seinen.
Wir tragen beide dicke M?ntel.
Trotzdem fühlt sich die Berührung an wie ein elektrischer Schlag.
M?glichst unauff?llig mache ich einen Schritt zur Seite und eile auf den Seiteneingang der Garage zu. Ich schiebe mich durch die Tür und betrete die kleine Halle.
Ich sehe mich um. Auf der Internetseite sah dieser Laden deutlich einladender aus. Schwaches gelbes Licht beleuchtet gerade einmal das N?tigste, und die Decken sind niedrig und voller Spinnweben. Die verschiedensten elektronischen Ger?te stehen und liegen herum, den meisten Raum nehmen aber die Fotobooths ein, von denen es mindestens zwanzig gibt. Aus kleinen Lautsprechern ert?nen leise Elektrobeats, zu denen ein Mann mit Halbglatze, der hinter einem schmalen Tresen an einem Schreibtisch sitzt, seinen Kopf im Takt hin und her bewegt.
?Einen netten Laden hast du da rausgesucht?, raunt James, doch bevor ich etwas erwidern kann, entdeckt uns der Mann und erhebt sich l?chelnd.
?Du bist bestimmt Ruby?, sagt er, als er auf uns zukommt.
?Genau?, antworte ich mit einem Nicken und ergreife seine ausgestreckte Hand. ?Und das hier ist James.?
Die beiden schlagen ebenfalls ein.
?Ich bin Hank und gebe euch eine kurze Einweisung in die Fotobooth. Kommt ihr einmal rum?? Er macht eine kreisende Handbewegung um den Tresen herum und deutet dann auf eine der Boxen.
?Für diese hier habt ihr euch entschieden, richtig??, fragt er, als wir davor zum Stehen kommen.
Ich nehme das Modell in Augenschein. Die W?nde sind schwarz, der Eingang ist mit einem roten Vorhang abgeh?ngt. An einer Seite ist eine schmale ?ffnung, über der ein beleuchtetes Schild befestigt ist, auf dem ?Fotos? steht. Direkt neben dem Eingang h?ngt eine kleine Tafel, auf der mit wei?em Marker einige Angaben zu den Filtern stehen, die man beim Fotografieren verwenden kann. Die Handlettering-Schrift, die verwendet wurde, ist wundersch?n schn?rkelig.