Save You (Maxton Hall, #2)(56)



?Die Caterer sind vor zehn Minuten gekommen und bauen im Nebenzimmer bereits auf?, sagt Kieran, bevor sein Blick auf mich f?llt. ?Hi. Ich bin Kieran. Du bist bestimmt Ember.? Er streckt mir die Hand entgegen, und automatisch ergreife ich sie. Perplex sehe ich zu Ruby. Eigentlich hatte ich angenommen, dass niemand in dieser Schule über mich oder unsere Familie Bescheid wei?, schlie?lich hat Ruby zu Hause immer so ein riesiges Geheimnis aus Maxton Hall gemacht. Ich dachte, dass sie diese Trennung zwischen Privatem und Schulischem auf beiden Seiten strikt durchzieht. Dass dieser Junge hier meinen Namen kennt, irritiert mich also ein bisschen.

?Freut mich, dich kennenzulernen, Kieran?, sage ich.

Als Kieran meine Hand losl?sst, l?chelt er Ruby an, und seine Wangen f?rben sich unübersehbar rot.

A-ha.

Offensichtlich hat Ruby noch einen Verehrer an dieser Schule. Es überrascht mich nicht, dass sie mir nichts davon erz?hlt hat. Ruby spricht so gut wie nie über ihre Gefühle. Ich frage mich manchmal, wie Ruby so sein kann, ohne zu explodieren. Ich k?nnte das, was ich empfinde, niemals so zurückhalten – weder die guten noch die schlechten Gefühle. Wenn mir etwas nicht passt, sage ich das lautstark. Wenn ich glücklich bin, trage ich das automatisch nach au?en. Ruby ist kontrollierter als ich und viel weniger impulsiv.

Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht mitbekomme, wie Ruby und Kieran weiter in Richtung Bühne gehen. Schnell folge ich ihnen, nur um dann zehn Minuten lang zuzuh?ren, an was im Laufe des Abends noch alles gedacht werden muss. Verstohlen blicke ich mich um, aber Ruby sieht immer wieder zu mir rüber, als h?tte sie Angst, dass ich bei der erstbesten Gelegenheit die Flucht ergreifen und mich in die Arme eines wahllosen Maxton-Hall-Schülers werfen k?nnte. Ich überlege, wie lange es wohl dauern wird, bis sie ein bisschen lockerer oder zumindest zu besch?ftigt ist, um jeden Schritt, den ich mache, wie ein Adler zu beobachten.

Als die Gala schlie?lich offiziell beginnt, sitze ich an einem halb leeren Tisch ganz hinten, sodass ich kaum etwas von dem erkennen kann, was auf der Bühne passiert. Das sind die Sitzpl?tze für das Veranstaltungskomitee, wie Kieran mir wenig sp?ter erkl?rt, und tats?chlich kommen eine Handvoll Schüler in unregelm??igen Abst?nden zu uns, setzen sich kurz und trinken etwas, nur um drei Minuten sp?ter wieder aufzuspringen und zu verschwinden.

Im Moment h?lt ein junger Mann einen Vortrag über seine Depression und erz?hlt, wie er nur durch die Hilfe des Familienzentrums wieder auf die Beine gekommen ist. Es ist eine sehr ergreifende Rede, die den gesamten Saal in ihren Bann zieht. Ich kann sehen, wie einige G?ste sich mit Stofftaschentüchern die Augen tupfen oder mit konzentriert gefurchter Stirn nicken. Auch Kieran neben mir scheint absolut gefesselt.

?Hey?, flüstere ich ihm zu. ?Ich gehe mir kurz was zu trinken holen. M?chtest du auch was??

?Ich kann mitkommen?, sagt er sofort und macht Anstalten aufzustehen.

?Quatsch?, winke ich ab. ?Das schaffe ich schon allein. M?chtest du was??

Kieran z?gert einen Moment, und sein Blick huscht zwischen mir und dem Redner hin und her, dann schüttelt er den Kopf. ?Nein, danke.?

Ich nicke und gehe zur Bar, wo einer der Kellner mich freundlich anl?chelt und fragt, was ich trinken m?chte.

?Ein Glas Sekt bitte?, sage ich, als w?re es v?llig selbstverst?ndlich, aber entweder sieht man mir meine sechzehn – fast siebzehn! – Jahre an, oder er hat die Anweisung, gar keinen Schülern Alkohol auszuschenken, denn er schüttelt langsam den Kopf.

Ich seufze. Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als den Kinderpunsch auszuprobieren, der auf dem Buffet neben der Bar aufgebaut ist. Ich nehme mir eines der hübschen Kristallgl?ser, halte es ins Licht und betrachte die kaleidoskopartigen bunten Lichtpunkte, die den Raum in sanfte Farben tauchen.

Im selben Moment, in dem ich beginne, Punsch aus der gro?en Schüssel in mein Glas zu sch?pfen, bricht donnernder Applaus im Saal aus. Offensichtlich ist die Rede vorbei.

Ich gehe ein paar Schritte zur Seite, um den anderen G?sten nicht den Weg zum Buffet zu versperren.

?Hallo, Sch?nheit?, erklingt dicht neben mir eine Stimme.

Ich erstarre. Dann bei?e ich die Z?hne zusammen.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich so angesprochen werde. Einige Jungs in meiner Schule haben in der Vergangenheit Wetten darauf abgeschlossen, wer mich mit welchem Anmachspruch am schnellsten rumkriegt – nur zum Spa?, versteht sich.

Ich mache automatisch dicht und drehe mich mit dem Glas in der Hand um.

Vor mir steht ein junger Mann. Er hat ein attraktives Gesicht, einen sch?nen vollen Mund, dunkelbraune Haut und beinahe schwarz wirkende Augen mit Wimpern, auf die ich ein bisschen neidisch bin, weil sie so geschwungen sind. Er ist ein kleines Stück gr??er als ich, sein Haar ist kurz und kraus, und er hat einen minimalen Bartschatten. Auch er tr?gt einen Anzug, allerdings sieht er viel weniger aus dem Ei gepellt aus wie die anderen G?ste. Seine Krawatte sitzt ein bisschen zu locker, und das ma?geschneiderte schwarze Jackett steht offen. Es macht den Eindruck, als h?tte er sich besonders viel Mühe dabei gegeben, so derangiert wie m?glich auszusehen. Als würde er zu viele dieser Veranstaltungen besuchen und w?re ihrer mit der Zeit überdrüssig geworden.

Wahrscheinlich spricht er mich an, weil ihm langweilig ist.

M?glichst unauff?llig sehe ich mich um. Normalerweise gibt es in so einer Situation immer eine Gruppe von Jungs, die in wenigen Metern Abstand auf ihren Freund warten und sich k?stlich über mich amüsieren. Jetzt scheint uns allerdings niemand zu beobachten, was mich beinahe noch skeptischer werden l?sst.

Mona Kasten's Books