Save You (Maxton Hall, #2)(65)



Ich muss mich ernsthaft konzentrieren, ihn nicht allzu sehr anzustarren. Da ich mir das in den letzten Wochen so streng verboten habe, scheint es jetzt umso verführerischer.

Ich konzentriere mich darauf, seine Jacke ordentlich an der Garderobe aufzuh?ngen, und gehe dann zum Wohnzimmer. James folgt mir, doch bevor ich die Tür ?ffne, drehe ich mich blitzartig um und schaue zu ihm hoch.

?Bist du Vegetarier??

James blinzelt mehrmals. Sein einer Mundwinkel zuckt, als er langsam den Kopf schüttelt. ?Nein, bin ich nicht.?

Ich atme auf. ?Gut.?

Als ich die Klinke nach unten drücke und mit James dicht hinter mir das Wohnzimmer betrete, flattert es in meinem Magen nerv?s.

?Mum, Dad, das ist James?, sage ich und deute auf meinen Begleiter.

James holt h?rbar Luft, bevor er zu meiner Mum geht und ihr die Hand reicht. ?Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs Bell.?

?Hallo, James?, sagt Mum und l?chelt ihn warm an. ?Nenn mich doch Helen.?

Von ihrer vorherigen Skepsis ist nichts mehr zu sehen, und ich frage mich, ob sie tats?chlich eine so hervorragende Schauspielerin ist oder ob sie Nachsicht mit James walten l?sst, weil sie wei?, wie sehr ihn der Tod seiner Mum mitgenommen haben muss, und er ihr leidtut.

?Alles klar?, sagt James. ?Helen.?

Dad ist nicht so gut darin, seinen Argwohn zu verbergen. Sein Blick ist kühl und absch?tzend, und so wie es aussieht, zerquetscht er James’ Hand, als er sie schüttelt. James verzieht keine Miene.

Zum Glück unterbricht Mum den unangenehmen Moment. ?Wir würden dich heute gern zum Essen einladen, James?, sagt Mum. ?Damit wir uns alle ein bisschen kennenlernen k?nnen.?

Ich schlie?e die Augen und widerstehe dem Drang, meine Finger auf die Nasenwurzel zu pressen. Ich hoffe, James ist nicht schon jetzt überfordert von meiner Familie.

?Sehr gern?, antwortet dieser jedoch, ohne auch nur eine Sekunde zu z?gern. ?Ich habe heute nichts mehr vor.?

?Fabelhaft?, sagt Dad, ohne jegliche Betonung in seiner Stimme.

Danach herrscht kurz ein peinliches Schweigen, und ich packe James hastig am Arm, um ihn nach oben und in die Freiheit zu ziehen. Schon auf der Treppe realisiere ich allerdings, was ich da gerade getan habe: Ich habe James einfach berührt, als w?re es nichts Besonderes. Als würden wir das st?ndig tun, weil wir vertraut miteinander sind.

Schnell lasse ich ihn wieder los.

?Ich habe nicht aufger?umt oder so?, erkl?re ich, als wir vor meinem Zimmer zum Stehen kommen.

James schüttelt den Kopf. ?Nicht schlimm. Ich habe dich ja auch quasi überfallen.?

Ich nicke und mache dann die Tür auf. Ich lasse James den Vortritt und gehe hinter ihm her. Es ist irgendwie merkwürdig, sich mit ihm in diesem mir so vertrauten und geschützten Raum zu befinden. Ich fühle mich automatisch wohl, aber gleichzeitig ist da diese kribbelige Ungewissheit in mir, was dieses Gespr?ch – dieser ganze Tag – mit sich bringen würde.

Ein leises Ger?usch unterbricht meine Gedanken.

Genauer gesagt, ein kratziges Lachen.

Ich drehe mich zu James. Sein Lachen klingt ein bisschen eingerostet, als h?tte er schon seit Ewigkeiten nichts mehr gehabt, was er lustig gefunden hat. Als er meinen verwunderten Blick sieht, macht er eine Handbewegung, die den gesamten Raum mit einschlie?t. ?Wie sieht dein Zimmer bitte aufger?umt aus, wenn das hier unordentlich ist, Ruby Bell??

Ein warmes Gefühl macht sich erst in meinem Bauch und dann in meinem ganzen K?rper breit, bis ich l?cheln muss.

James hier zu sehen gef?llt mir unglaublich gut.

Ihn lachend zu sehen macht mich glücklich.

Eine Welle von Sehnsucht überkommt mich. Sie m?chte mich zu ihm treiben, doch ich bleibe, wo ich bin, und ziehe die Tür langsam hinter mir ins Schloss. Bei dem leisen Klicken erstirbt James’ L?cheln.

Einen Moment lang stehen wir uns einfach nur gegenüber und sehen uns an.

?Das mit gestern tut mir leid?, mache ich schlie?lich den Anfang.

James schüttelt langsam den Kopf.

?Ich h?tte dir das vorher sagen sollen. Das …?

?Ruby?, unterbricht er mich leise. ?Du bist mir keine Rechenschaft schuldig.?

Er hat recht. Das wei? ich. Trotzdem wünschte ich, ich k?nnte die Zeit zurückdrehen, um eine Situation wie gestern zu vermeiden.

?Wieso bist du so schnell weggelaufen??, frage ich vorsichtig.

Er schluckt schwer. ?Ich war einfach überfordert mit der gesamten Situation. Wren und ich haben uns schon lange nicht mehr so gestritten.?

?Ich wei?, dass die Freundschaft mit Wren dir viel bedeutet?, sage ich leise. ?Es tut mir leid.?

James geht zu meinem Schreibtisch und f?hrt dort mit dem Finger über die Buchrücken des Stapels, der sich dort seit letzter Woche türmt. ?Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin eigentlich auch nicht hergekommen, um mit dir über Wren zu sprechen.?

?Worüber dann??, flüstere ich. Keine Ahnung, wohin meine Stimme verschwunden ist.

Er wirft mir einen kurzen Blick zu, dann betrachtet er wieder konzentriert das Chaos auf meinem Schreibtisch. ?Wei?t du, wieso Wren so wütend geworden ist??, fragt er.

Ich schüttle den Kopf und nehme die beiden Schritte, die es braucht, damit ich neben ihm stehe. ?Nein.?

?Er war wütend, weil er das Gefühl hat, dass du mir wichtiger als alles andere geworden bist.?

James macht eine kurze Pause, bevor er weiterspricht. ?Und damit hat er recht.?

Er steht noch immer vor meinem Schreibtisch. Und er sieht mich nicht an, als er diese wichtigen Worte sagt.

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